An der Börse das Richtige zu tun, tut leider manchmal weh

Im Prinzip ist Börse einfach. Wenn da nicht die ständige Versuchung lauern würde, noch ein bisschen mehr aus seinem Geld herauszuholen. Ihr zu widerstehen, erfordert große Disziplin.

Eigentlich ist relativ klar, wie ein gutes Depot aussehen muss. Es muss breit diversifiziert sein. Denn so werden die Risiken gestreut. Anschaulich bringt es der berühmte Satz des US-Ökonomen Henry Markowitz auf den Punkt: „Lege nicht alle Eier in einen Korb!“ Die folgende Grafik verdeutlicht diese Börsenregel gut. Sie zeigt, dass es an der Börse zwei Risiken gibt: das Marktrisiko und das Einzeltitel-Risiko. Das Marktrisiko, dass es an der Börse hoch und runter geht, muss ich als Anleger tragen. Dafür erhalte ich als Entschädigung auch eine höhere Rendite. Sie ist das „Schmerzensgeld“. Das Einzeltitel-Risiko muss ich als Anleger aber nicht tragen. Es sinkt mit der Zahl der Aktien in meinem Portfolio.

Das heißt: Im Prinzip ist erfolgreiche Geldanlage an der Börse einfach. Man investiert als Anleger in eine möglichst große Zahl von Aktien. Das geht ohne große Probleme über Welt-ETFs auf Indizes wie den MSCI World. Er umfasst rund 1500 Aktien. Nimmt man dann noch einen ETF auf den MSCI World Small Cap dazu, erhöht sich die Zahl um rund 4000 Aktien. Mit diesen zwei ETFs investiert man also in rund 5500 Unternehmen. Viel mehr Streuung geht nicht.

„Ein gut diversifiziertes Portfolio kein Hexenwerk“, schrieb kürzlich der Honorarberater Nikolaus Braun treffend in einem Blogbeitrag. „Und dennoch kann Diversifikation für den Anleger eine regelrechte Zumutung sein: Wer in ein breit diversifiziertes Portfolio investiert, hat keine Chance mehr auf das Jackpot-Investment.“

Über den Autor

Clemens Schömann-Finck ist Finanz-Experte und steht hinter dem Youtube-Kanal „René will Rendite“. In seiner Kolumne bei FOCUS Online beleuchtet er aktuelle Themen rund um Börse und Geldanlage. Abonnieren Sie hier seinen Newsletter für mehr Finanz-Infos.

Das ist es, was diese an und für sich einfache Sache so schwierig macht: Wer breitgestreut über ETFs investiert, kann keine spektakulären Erfolge vorweisen. Er kann nicht von Verdopplern und Verdreifachern berichten und muss still dasitzen, während die Freunde und Kollegen mit ihren Börsenerfolgen prahlen. Der ETF-Anleger sitzt nur da und muss sich vielleicht sogar als Langweiler belächeln lassen, der gerade die Chancen seines Lebens verpasst.

Warum ein übergroßes Risiko an der Börse eingehen?

Es erfordert viel Disziplin, dieser Strategie treu zu bleiben. Aber mal ehrlich: Warum ist es so schlimm, nur so gut wie der Markt zu sein? Warum geht es immer darum, den Markt zu schlagen? Denn um es klar zu sagen: Den Gesamtmarkt zu schlagen, muss schwierig sein, und die Erfolgswahrscheinlichkeit sollte klein sein. Ansonsten könnte es jeder schaffen und sobald es jeder tut, verschwindet die Gelegenheit.

„Ich kann es mir leisten, nicht der beste Investor der Welt zu sein“, schreibt dazu Morgan Housel in seinem Buch „Die Psychologie des Geldes“. „Ich kann es mir aber nicht leisten, ein schlechter Investor zu sein.“ Seine Empfehlung: „Jeder Anleger sollte diejenige Strategie wählen, mit der er seine Ziele erreichen kann. Und wenn du all deine Ziele erreichen kannst, ohne das zusätzliche Risiko einzugehen, das mit dem Versuch verbunden ist, den Markt zu schlagen, warum solltest du es dann probieren?“

Eine Verdopplung ist nur eine Frage der Zeit

Was sind das für Ziele, die Du mit einer Marktrendite erreichen kannst? Nun,  der MSCI World stieg in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 8,1 Prozent. In den vergangenen 35 Jahren waren es im Schnitt 7,9 Prozent. Um einmal zu verdeutlichen, was das heißt: Bei einer Rendite von sieben Prozent verdoppelt sich das eingesetzte Kapital innerhalb von gut zehn Jahren. Damit wirst Du vielleicht nicht reich. Aber Du wirst im Alter nicht arm sein.

Und noch ein Gedanke dazu, dieses Mal von Benjamin Graham. Er ist Autor des Buchs „The Intelligent Investor“, das als einer der Klassiker der Börsenliteratur gilt. Darin schreibt er: „Ohne viel Aufwand kann ein Laien-Investor eine ansehnliche Rendite erzielen. Um diese zu verbessern, braucht es erhebliche Anstrengungen. Wer nur versucht, ein bisschen cleverer zu sein und nur ein bisschen mehr weiß, endet damit, nicht etwa ein bisschen besser zu sein, sondern eher schlechter abschneiden.“

Wenn Du das alles einmal akzeptiert hat, ist Diversifikation letztlich eine Befreiung. Sie schließt eine ganze Latte unnötiger Risiken aus, ist relativ einfach umzusetzen und setzt dadurch eine Menge an Zeit und Energie frei, die Du besser in die Dinge investiert, die wirklich wichtig sind: Familie, Freunde oder den Beruf.

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